Als besondere Rittertugenden gelten im mittelhochdeutschen Minnesang staete, minne, hoher muet, mâze, triuwe, êre und milte, was in etwa mit Aufrichtigkeit, Frauenverehrung, edle Gesinnung, Bescheidenheit, Verlässlichkeit, Würde und Großzügigkeit übersetzt werden kann. Diese sieben Tugenden seien besonders hervorgehoben:

staete – Aufrichtigkeit

Von einem Ritter erwarten wir, dass er die Wahrheit spricht. Zu bedenken sei aber, dass es im Leben nicht nur eine Wahrheit gibt, sondern eine Vielzahl von Ansichten, Auslegungen und Meinungen. Derartige Verschiedenheiten sind nicht zu vermeiden, sehr wohl lässt sich aber meist eine direkte Lüge erkennen – und eine in voller Absicht gesprochene Unwahrheit darf nicht toleriert werden.

minne – Frauenverehrung

Die Minne ist eine spezifisch  mittelalterliche Vorstellung von gegenseitiger gesellschaftlicher  Verpflichtung, ehrendem Angedenken und Liebe. Für den heutigen Ritter sind Höflichkeit und Respekt gegenüber dem weiblichen Geschlecht, also die Ritterlichkeit gegenüber jeder Frau, eine selbstverständliche Form der Verehrung.

hôher muot – edle Gesinnung

Der hôhe muot, der vom vorbildlichen Ritter gefordert wird, meint seine Hochgestimmtheit im Bewusstsein der eigenen Ehre. hôher muot ergibt sich zwangsläufig aus vorbildlichem, regelhaften Verhalten und dem Zustand des Friedens. Ziel eines Ritters sollte also sein, einen ehrenhaften Lebenswandel zu führen und damit den Mitmenschen Beispiel zu sein.

mâze – Bescheidenheit

Gemeint ist damit die Verpflichtung, in allem Tun das „rechte Maß“ zu halten und in allen Lebenslagen einen ausgeglichenen Mittelweg zu finden.

triuwe – Verlässlichkeit

Von einem Ritter wird erwartet, dass er zu seinem Wort steht. Dies immer unter dem Vorbehalt, dass dadurch kein anderer Schaden erleidet. Wenn ein Ritter in diesem Sinne sein Ehrenwort gibt, dann muss das so sicher sein wie die Unterschrift auf einem Vertrag.

êre – Ansehen und Würde

Um Ansehen und Würde zu erreichen, wird das Bestreben, die Werte dieses Codex zu leben, unumgänglich sein. Dazu gehört auch, dass Meinungsverschiedenheiten auf ritterliche Weise geklärt werden. Der Ritter sucht als erstes das offene Wort, das persönliche Gespräch. Beschimpfungen, geschweige denn tätliche Angriffe, sind zu keiner Zeit angemessen. Ein Ritter verachtet Intrigen und böse Nachreden.

milte – Freigiebigkeit

Von einem Ritter wird stets erwartet, dass er hilfsbereites und gütiges Verhalten an den Tag legt. Dies gilt besonders, wenn ein Ritterbruder unverschuldet in Not geraten ist oder schuldlos feindselig bedrängt wird. Sofern hier Hilfe gewünscht wird, wird der Ritter seinem Ritterbruder wie einem guten Freund zur Seite stehen.

Weitere ritterliche Tugenden aus dem Hochmittelalter sind folgende Wertvorstellungen:

zuht – Erziehung nach festen Regeln,Anstand, Wohlerzogenheit

höveschkeit – Höfischkeit, Höflichkeit

diemüete – Demut

werdekei – Würde

güete – Freundlichkeit

manheit – Tapferkeit